Ich bin Ulrich Westrup, 51 Jahre alt und einer von 5 Gesellschaftern der Westrup-Koch Milch GbR aus Bissendorf bei Osnabrück. Wir bewirtschaften mit 5 Gesellschaftern, 3 Auszubildenden, 5 Vollzeitmitarbeitern und einigen Teilzeitkräften gut 700 ha, versorgen 600 Kühe und deren Nachzucht und betreiben eine Biogasanlage.
Wir waren früher Lieferant des Milchhofes Osnabrück, der dann zur Humana Milchunion fusionierte. Die wiederum bekanntlich mit der Nordmilch zusammenging und zur DMK wurde. Also eigentlich immer schon.
Das ist so spannend an der Landwirtschaft. Immer wieder stehen neue und andere Dinge im Fokus. Gerade abgeschlossen haben wir die Umsetzung der Vorgabe zum Transport der Kälber erst mit 28 Tagen Lebensalter. Und nun arbeiten wir daran, einige größere Reparaturmaßnahmen an unserer Siloanlage vorzunehmen. Gleichzeitig liegt aber auch bei der Weiterentwicklung des Betriebes, gemeinsam mit der nächsten Generation, ein Hauptaugenmerk. Sehr herausfordernd ist die Sprunghaftigkeit von politischen Ideen, die oftmals in Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit gebracht werden. Da wird ein großes Wort in den Mund genommen und doch wird oftmals nur eine Säule bedacht, nämlich die Ökologie. Da täten mehr Sachverstand und das Denken bis zum Ende bei Entscheidungen sehr gut.
Da es sowohl für die industriellen wie aber auch für privaten Abnehmer wichtig ist, welche Klimawirkung unser Handeln an der Ladentheke hat, finde ich den Schritt richtig, dieses entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu beleuchten.
Die Etablierung des Klimachecks für Landwirte innerhalb des Bonusprogrammes halte ich für einen sehr wichtigen Schritt, um für uns die Potentiale, die jeder Betrieb beim CO2- Abdruck hat, sichtbar zu machen. Denn nur was ich messen kann, kann ich managen.
Langfristig Landwirtschaft ohne Nachhaltigkeit zu betreiben, ist einfach nicht denkbar. Hier nur einige Denkansätze zu dem Thema. Nehmen wir den Baustein Ökologie. Bodenschonende Bearbeitung, zum Beispiel, ist ein ureigenes Interesse, um Bodenleben und Fruchtbarkeit des Bodens zu erhalten. Nährstoffschonendes Ausbringen von Substraten ist nicht nur ein klarer ökologischer Beitrag, sondern auch ein ökonomischer. Das gilt auch bei vielen Punkten des Klimaschutzes, der uns besonders wichtig ist, da wir doch am ehesten den Klimawandel merken, sei es, dass wir bei der wasserschonenden Bearbeitung an unsere Grenzen stoßen, oder dass der Aufwand zur Hitzestressregulierung bei den Kühen immer weiter steigt. Damit sind wir auch schon bei der landwirtschaftsspezifischen 4. Säule der Nachhaltigkeit, das Tierwohl. Kühe sind sehr dankbare Tiere, was das Mehr an Tierwohl angeht. So ist für uns die Gesundheit der Tiere, ihre Aktivität und Verhalten genauso Gradmesser ihres Wohlergehens wie auch die Leistung.
Arbeitszeiten, Bezahlung, Fortbildung wie auch das Einbinden der nächsten Generation sind nur einige Faktoren der sozialen Nachhaltigkeit, die uns besonders wichtig sind.
Viele Punkte habe ich schon in den vorherigen Fragen beantwortet, und man könnte die Liste noch verlängern. Die Schwierigkeit liegt bei den Zielkonflikten, die eine Priorisierung notwendig machen. Ein Beispiel: Im Milkmaster Bonusprogramm ist die Langlebigkeit als ein positiver Faktor enthalten. Im ersten Moment ist es aus Sicht der gesellschaftlichen Anforderung ein berechtigtes und gutes Tool. Beim genaueren Hinsehen kann dieser Punkt fatale negative Begleiterscheinungen haben. Denn nicht für jede Kuh ist es sinnvoll, dass sie noch länger im Betrieb bleibt, auch aus Tierwohlsicht.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Frage, ob die unproduktive Zeit also zum Beispiel die Aufzucht sich verlängert. Dieses würde gegen den Klimaschutz arbeiten. Somit wäre da die Lebenstagsleistung der viel bessere Wert, der sich aber bei der Kommunikation nicht so einfach vermarkten lässt.
Vor einigen Jahrzehnten fanden junge Menschen den Weg in die Landwirtschaft, da sie vom Elternhaus landwirtschaftlich geprägt waren. Diese hat sich gewandelt. Mittlerweile kommen über die Hälfte der Auszubildenden, und damit auch die späteren Mitarbeiter nicht mehr direkt vom Hof. Um jungen Menschen die Vielfältigkeit des Berufes, aber auch wie modern das Arbeitsfeld eines Landwirts durch „Precision Farming“ sowohl bei der Feldbewirtschaftung wie auch im Stall geworden ist, geben wir gerne Schülerpraktikanten die Möglichkeit, bei uns reinzuschnuppern.
Im ersten Moment spielt wohl die soziale Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Die anderen Faktoren werden erst richtig deutlich beim Vergleich zu anderen Betrieben. So war das gerade Thema eines Gespräches mit einer ehemaligen Auszubildenden, die mir berichtete, wie sie in ihrem nächsten Lehrjahr auf einem anderen Betrieb erst richtig die Unterschiede bei der Produktion und damit auch bei der Nachhaltigkeit kennen gelernt hat.
Das ist sehr unterschiedlich, und reicht von Mund zu Mund Propaganda bis hin zu ehemaligen Praktikantinnen oder Auszubildende, die bei uns arbeiten.
Wir suchen nicht mehr immer den Allrounder, der alles kann, alles macht und so viel und lange arbeitet wie der Chef. Wir suchen eher die oder den Spezialisten für bestimmte Bereiche, die auch dafür brennen und mit uns diesen Bereich weiter entwickeln wollen.
Dass die Landwirtschaft den Stellenwert als Nahrungsmittellieferant in Deutschland behält.
Eine zu stark regulierte Landwirtschaft wird zu der Verlagerung der Produktion zu den wirtschaftlich günstigeren Standorten der Welt führen. In vielen Bereichen der „Grundversorgung“ von FFP2 Masken bis zu IT-Chips ist uns in den letzten Jahren die Abhängigkeit vom Ausland vor Augen geführt worden. Diesen Fehler sollten wir nicht im Nahrungsmittelsektor wiederholen.