Trends in aller Munde
Wie sieht die Esskultur von morgen aus? Mit dem „Foodreport 2024“ beleuchtet Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler aktuelle Entwicklungen der Lebensmittelbranche.

Andere Formen der Mahlzeiten, neue Technologien in der Lebensmittelproduktion, der Vormarsch pflanzlicher Alternativprodukte – es sind drei große Themenbereiche, auf die Foodtrendforscherin Hanni Rützler den Fokus legt. So sieht sie im Abschnitt „Plants for Future“, also Pflanzen für die Zukunft, wie der Klimawandel und die Moralisierung des Essens Pflanzen zur neuen Leitsubstanz der Esskultur machen. „Klimarelevante Diskurse führen dazu, dass sich der Blick auf unsere Welt, auf die Natur und unsere Rolle in ihr verändern“, so Rützler. Sie sieht einen Wandel: Der Konsum tierischer Produkte sinkt zugunsten einer pflanzenbasierten Ernährungsweise. Pflanzen werden zu Rohstoffen für vegane Lebensmittel, um die Ressourcen des Planeten zu schonen. Auch Trendsetter, wie etwa die Spitzenköche, gehen mit dem Zeitgeist und arbeiten mit Gerichten, die Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst zum Star auf dem Teller machen – nicht mehr das Stück Fleisch oder den Fisch.

Gamechanger neue Arbeitswelten

Der nächste Bereich, den sich Hanni Rützler in ihrem Foodreport anschaut, ist „The New Job Normal“. Dabei untersucht sie, inwieweit der Wandel in der Arbeitswelt Einfluss auf Mahlzeitenstrukturen hat. „Wer den Tag mit Wissensarbeit – ob zu Hause oder im Büro – alleine vor dem Rechner verbringt, wer im Homeoffice seine Räumlichkeiten mit Partner und Kindern teilt oder beruflich viel auf Reisen ist, der weiß Betriebsrestaurants zu schätzen, die den neuen Anforderungen des Work-Life-Blendings entsprechen“, so die Ernährungswissenschaftlerin. Denn die Corona-Pandemie hat den Wandel in der Arbeitswelt beschleunigt und auch das Essverhalten teilweise verändert. Immer mehr Verbraucher ernährten sich vor dem Lockdown mit kleineren, sporadischen Mahlzeiten zwischendurch. Die sogenannte „Snackification“ – eine Abkehr von den klassischen drei Mahlzeiten täglich. Doch aufgrund der Pandemie wurde wieder selber gekocht. Außerdem boomten Lieferservices, die das Essen nach Hause brachten. Daraus hat sich eine Mischform ergeben, die die Betriebsverpflegung stärker herausfordert. Hauptgerichte werden durch mehr kleine Gerichte ersetzt. Die Esskultur wird vielfältiger und qualitativ hochwertiger. Betriebskantinen werden zu wichtigen Bausteinen der neuen Arbeitskultur, wenn sich Home- und Office-Worker zu informellen Begegnungs- und Teambesprechungen in kleinen Gruppen treffen. Sogenannte Take-away-Paletten richten sich an Mitarbeiter, die nach Hause fahren und dort weiterarbeiten. Die Kantine wird zum ganztägigen Serviceunternehmen.

„Klimarelevante Diskurse führen dazu, dass sich der Blick auf unsere Welt, auf die Natur und unsere Rolle in ihr verändern.”

Hanni Rützler, Foodtrendforscherin
Hanni Rützler, Foodtrendforscherin

Technologieoffenheit als Chance

Mit „The Green Taste of the Future“, der grüne Geschmack der Zukunft, behandelt Rützler den dritten Themenbereich. Dabei stehen Forschung und Wissenschaft im Vordergrund und wie sie neue Geschmackswelten und einen Paradigmenwechsel in der Produktion durch Novel Food, neuartige Lebensmittel, schaffen. Damit sind Produkte gemeint, die in der EU vor dem Jahr 1997 praktisch nicht verzehrt wurden. Sie benötigen im Gegensatz zu traditionellen Lebensmitteln eine Zulassung. „Viele Landwirte sehen unsere esskulturellen Traditionen durch Novel Food gefährdet. Dabei können neue Technologien helfen, sie auf lange Sicht zu bewahren.“ Die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft ächze unter der Last des Klimawandels, den Auflagen zur technischen Reduktion des CO2-Fußabdrucks und einem steigenden Ressourcenverbrauch. Innovative Technologien in der Lebensmittelproduktion bieten einen Ausweg an.