Sie ist nicht gut für die Knochen, steht für maßlosen Konsum, nimmt Kälbern die Nahrung und ist ein Klimakiller. Ach ja, Männer, die Milch trinken, sind sowieso Milchbubis, also irgendwie unreif. Und wer sind die Guten in dieser Geschichte? Die Verbraucher pflanzlicher Alternativen als Gegenbeispiel zu Überfluss, Verschwendung und Ausbeutung? Kritiker der Milch sind laut und haben in der Vergangenheit oft die Diskussionen bestimmt. Doch welches Image besitzt Milch tatsächlich? Was muss sich in der Bildsprache ändern, damit die Milch in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen wird? Was müssen Printkampagnen und Social Media leisten, damit Milch wieder das wird, was sie einmal war. Ein gesundes, nährstoffreiches Lebensmittel, das aus der Ernährung nicht mehr wegzudenken ist.
Mit der Studie „Neue Bilder braucht die Milch“ sind Meinungsforscher der Agentur rheingold salon der Frage nachgegangen, welchen Platz die Milch im Bewusstsein der Konsumenten einnimmt und wie eine positive Botschaft über Bilder gelingen kann. Die Antwort: Keiner der Befragten möchte, dass Kuhmilch vollständig verschwindet, ganz im Gegenteil. Sie ist reich an Nährstoffen, gibt Kraft und ist geschmacklich unvergleichlich, soweit das Grundgefühl. Das Problem: Der Zeitgeist ist nicht auf ein so nahrhaftes Getränk ausgelegt. Was für die Ernährung von Kindern noch akzeptiert und gutgeheißen wird, kann für Erwachsene schnell zu viel werden. Gut für Bodybuilder, schlecht für Bodyshaper – und damit ein No-Go für den sportlich optimierten, schlanken und gesunden Körper.
Vollmilch hat demnach als einziger Powerlieferant ausgedient – Verbraucher suchen nun gezielter nach Nährstofflieferanten. Der klassische Milchkonsument ist erwachsen geworden und steht der supersättigenden Milch kritisch gegenüber. Dieses Grundgefühl wird unterstützt durch mediale Bilder, die dem Verbraucher genau das Falsche suggerieren: Überfluss, Luxus, Ausbeutung der Kuh. Die Allgemeinheit hat Bilder im Kopf, in denen Milch nicht nur getrunken, sondern über den Körper verschüttet wird, Euter, die an Melkmaschinen angeschlossenen sind – die eine technisch hochoptimierte, auf Effizienz getrimmte Milchkuh glorifiziert. Der Verbraucher verbindet damit ein konservatives Bild, das eine Ernährung in der Überfluss- und Wohlstandsära zeigt, die nicht mehr zeitgemäß ist.
Der Konsument hat sich verändert, er will neue Ideen, Anregungen und Produkte, die seinem Lifestyle entsprechen. Gesund, nachhaltig und immer bedachter aufs Tierwohl. Coolness versprühen daher viel mehr Bilder von Startups, die pflanzliche Alternativen produzieren, Landwirte, die für den Klimaschutz werben, Tierhaltung auf Augenhöhe, freilaufende Kühe, innovative Technik, die den Landwirten Arbeit abnimmt, damit sie sich mehr Zeit für die Tiere nehmen, Milchprodukte, die in ihrer Vielseitigkeit gezeigt werden und authentische Werbebotschafter, die auf Augenhöhe mit den Konsumenten kommunizieren. Insbesondere bei den Motiven mit Kühen geht es darum, das Hofleben transparent zu machen. Verbraucher wollen die technischen Entwicklungen verstehen und das auch in der Bilderwelt widergespiegelt bekommen: Vitaldatenmessung von Kühen, um sie auf Krankheiten zu prüfen, autark benutzbare Futterautomaten, um dem Verlangen der Kühe zu folgen und Landwirte zu entlasten, Digitalisierung der Arbeit in der Landwirtschaft durch Tablets und Netzwerke sowie der Einsatz von erneuerbaren Energien, E-Mobilität und Precision Farming. All das muss viel sichtbarer und den Verbrauchern verständlich erklärt werden.
Milchbauern können viel dazu beitragen, solche Bilderwelten im Bewusstsein zu verankern. Sie müssen in ihrer eigenen Bildsprache über Social Media, Youtube und andere Kanäle zeigen, dass sie im Sinne der Kuh, der Ressourcen und der Umwelt innovativ produzieren. Bilder einer nachhaltigen Landwirtschaft und unmittelbarer Lebensfreude in Zusammenhang mit Milch schaffen Vertrauen beim Konsumenten und setzen Kritikern eine starke Stimme entgegen. Kraft, Energie, Schönheit ist das, was Milch schon immer verkörpert hat. Sie ist aber zum erklärungsbedürftigen Produkt geworden. Wenn es gelingt, ihre Geschichte neu zu erzählen, kann sie als Qualitätsprodukt selbstbewusst in eine neue Ära starten.