Jahrelang haben wir Bauern neidvoll auf Molkereien geblickt, die einen höheren Preis auszahlten als DMK. Hier lag das Unternehmen lange Zeit im unteren Mittelfeld. 2022 hat sich das Blatt gewendet: Es wurde weniger Milch produziert und das hob die Einkaufspreise in einer Zeit, in der Milchprodukte mehr denn je konsumiert wurden. Ich habe den Hauch einer Ahnung, dass die angeschlagene Stimmung uns Landwirten gegenüber in der Krise etwas besser geworden ist. Wir freuen uns über den Milchpreis, aber er ist auch wichtig, um unsere Schulden auszugleichen. Die haben sich im Laufe der entbehrungsreichen Jahre durch Dürre, Futtermittelmangel und steigende Auflagen bei den meisten von uns angesammelt. Wie sich die politische Lage weiterentwickelt, weiß keiner. Ich hoffe sehr, dass die Energieversorgung in unserer Molkerei erhalten bleibt. In diesen Tagen wird mir bewusst, wie wichtig die hohen Investitionen der Molkerei in die Transformation der DMK waren. So etwas wie die Strategie zu einer energieeffizienteren und nachhaltigeren Produktionsweise kommt uns nun zugute: Wenn wir mehr auf regenerative Energien setzen und alle energetischen Einsparmöglichkeiten in den Werken nutzen, erhöht das die Chancen, fehlendes Gas in den nächsten Jahren ein stückweit auszugleichen – und das ist bitter nötig: denn wie soll unsere Milch sonst zu Produkten verarbeitet werden?
Der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine ist eine wirtschaftliche – aber vor allem menschliche Tragödie. Das ist meiner Familie und mir jeden Tag bewusst, wenn wir die Nachrichten sehen. 2014, als Russland die Krim wiederrechtlich annektierte, und unter anderem ein Importstopp auf Milchprodukte verhängte, war schlagartig der viertgrößte Absatzmarkt für uns nicht mehr zugänglich. Für uns war das ein einschneidendes Erlebnis, denn plötzlich saßen die Molkereien auf Milchmengen, die sich stauten. Der Milchpreis sank unter 30 Cent. Damals hangelte man sich als Landwirt finanziell von Tag zu Tag. Viele gaben auf, denn so ließ sich nicht wirtschaften. Mein Sohn hat mittlerweile unseren Milchviehhof übernommen und ich wünsche ihm nie in seinem Leben so einen schlechten Milchpreis – auch wenn die Auflagen damals niedriger waren als heute! Was uns in diesen krisenreichen Tagen dazu antreibt jeden Morgen wieder in den Stall zu gehen, ist das Gefühl, schon früher Krisen überwunden zu haben. Auch wenn sich die eine nicht mit der anderen vergleichen lässt zeigt es, dass dieser Hof Höhen und Tiefen überstanden hat. Mein Vater hat den Milchviehhof gegründet, ich habe ihn übernommen, mein Sohn führt ihn fort. Gestärkt hat uns dabei immer unser Zusammenhalt. Neben meinen Kindern habe ich noch viele Nichten, Neffen und Enkel. Wenn die ganze 25-köpfige Familie zu Weihnachten bei uns auf dem Hof zusammenkommt, merke ich immer, was für ein Motor und Geschenk das ist und wie viel Kraft mir das gibt.