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Das Jahr 2021 war von vielen Herausforderungen geprägt. Das Konsumverhalten und die Ernährungsgewohnheiten der Menschen ändern sich weiter, die Coronapandemie beschleunigte zusätzlich die Veränderungen in der Lebensmittelproduktion und in der Arbeitswelt. Ingo Müller, CEO der DMK Group, und Dr. Frank Claassen, CFO der DMK Group, sprechen über die Arbeit des Unternehmens in 2021 und die weiteren Pläne für die Zukunft.

Viele Unternehmen sprechen Plänen für die Zukunft, blicken aber selten weiter als zwei Jahre voraus. DMK hingegen hat bereits frühzeitig eine langfristige Vision entwickelt. Wie kam es dazu?

Ingo Müller: Bevor wir 2017 damit anfingen, an der Vision „DMK 2030“ zu arbeiten, haben wir erst einmal bis 2006 zurückgeschaut und analysiert, was sich in diesen 11 Jahren getan hat. Daran konnten wir absehen, wie sich einige Trends wie Nachhaltigkeit, Tierwohl, Biodiversität und dergleichen in dieser Zeit entwickelt haben und unsere eigenen Prognosen aufstellen. Entsprechend waren wir uns schnell einig, dass eine kurzfristige Planung uns nicht dabei helfen würde, mit diesen langfristigen Veränderungen umzugehen. Also haben wir uns genau überlegt, welche Dinge wir angehen wollen und wie und diese in einer klaren Strategie festgeschrieben.

Haben Sie das Gefühl, dass sich manche Trends durch die Pandemie und den aktuellen Konflikt in der Ukraine beschleunigt haben?

Ingo Müller: Auf jeden Fall. Gleich zu Beginn der Pandemie hat etwa die Ernährungstransformation einen Sprung nach vorne gemacht. Und wir haben wieder deutlich unsere Verantwortung als Lebensmittelproduzent gespürt. Wir geben als DMK geben Menschen die Sicherheit, immer ein gesundes Nahrungsmittel auf dem Tisch zu haben. Das hat unsere Landwirte, Mitarbeiter und natürlich uns als Unternehmen besonders stolz gemacht und uns die Kraft verliehen, uns den Unwägbarkeiten der Pandemie entgegenzustellen.

 

Frank Claassen: Das stimmt. Man kann sagen: Die Krise hat zu einem umfassenden Mentalitätswandel geführt – bei DMK, bei den Kunden und auch im LEH. Es ging plötzlich nicht mehr um Dumpingpreise, sondern um grundlegendere Dinge wie die Versorgungssicherheit. Und das macht etwas mit deinem eigenen Bewusstsein. Wir haben gelernt, dass wir dank unserer Vision „DMK 2030“ flexibel auf Krisen reagieren können. Das macht Mut und mobilisiert die Bereitschaft, auch die großen Zukunftsthemen anzugehen.

Welche Rolle spielt denn das Thema „New Work“ in diesem Kontext?

Ingo Müller: Das war noch so eine Sache, die sich durch die Pandemie schlagartig geändert hat. Es war einfach keine Zeit mehr, daran zu zweifeln, ob jemand seinen Job zu Hause macht. Wir waren erstmal froh, dass alle Mitarbeiter die Ärmel hochgekrempelt und unsere Produkte weiter in den Handel gebracht haben. Damit das in Zukunft weiter so gut klappt, setzen wir eben auf New Work. Das heißt: neue Arbeitsmodelle, optimierte Prozesse und ab 2023 auch ein neues, auf flexibles Arbeiten ausgerichtetes Bürogebäude. Aber natürlich arbeitet nicht jeder von uns in einem Büro. Deswegen suchen wir auch für unsere Kolleginnen und Kollegen in den Werken nach Möglichkeiten, ihre Arbeit effektiver und flexibler zu machen.

 

Frank Claassen: Wir hatten eigentlich nur eine Wahl: anpassen, anpacken und weiter nach vorne gehen. Und siehe da: Es müssen nicht immer alle präsent sein, um gut zusammen zu arbeiten. Im Gegenteil, mit New Work können wir viel besser auf die konkreten Wünsche und Bedürfnisse einzelner Personen und Teams eingehen. Allerdings haben wir dadurch wieder einen Wandel zu managen: den der Unternehmenskultur. Mitarbeiter müssen sich gelegentlich treffen, um sich auf einer persönlichen Ebene zu begegnen. Es wird spannend, diese Thematik mit den neuen, flexibleren Arbeitsmodellen zu vereinbaren.

Die Arbeitswelt ist aber nicht das Einzige, was sich ändert. Auch die Ernährungsgewohnheiten sind davon betroffen. Regionalität und Nachhaltigkeit sind hier zwei Wünsche der Konsumenten. Wie geht die DMK damit um?

Ingo Müller: Durch die hohen Sicherheitsstandards für Lebensmittel sind auch unsere Produkte so hochwertig wie nie zuvor. Trotzdem haben wir uns natürlich gefragt, was wir im Unternehmen und in der Lieferkette optimieren können. Eines der super regionalen Konzepte von DMK war beispielweise die Wiederbelebung der Marke Bremerland, die ausschließlich in Bremen und Umgebung verkauft wird. Gleichzeitig nutzen wir aber auch unsere Expertise und Technologie, um mit Non-Diary-Alternatives dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit entgegen zu kommen. Und wir sehen auch: Gerade bei der jüngeren Generation geht der Fokus weg von der Quantität hin zur Qualität. Diese Entwicklung wollen wir als DMK natürlich mitmachen.

 

Frank Claassen: Hinzukommt, dass solche Trends auch immer neue Chancen eröffnen. Die Menschen haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse, die unterschiedliche Konzepte brauchen. Dadurch schaffen wir als Unternehmen einen echten Mehrwert. Und der macht sich bezahlt, im wahrsten Sinne des Wortes. Indem wir die Konsumenten mit maßgeschneiderten Produkten erreichen, wird auch unsere Arbeit und die der Landwirte neu wertgeschätzt und entsprechend entlohnt.

 

Gerade das Thema Nachhaltigkeit lädt ja leider zum Greenwashing ein. Was macht DMK hier anders?

Frank Claassen: Als DMK haben wir glücklicherweise den direkten Draht zu unseren Eigentümern. Wir wissen buchstäblich, wo unsere Milch herkommt und welches Fachwissen auf den Höfen vorhanden ist. Das kann man auch bei einem Besuch in den Betrieben deutlich spüren. Die Landwirte arbeiten mit viel Engagement daran, voranzugehen und hochwertige Milch zu liefern. Und durch den engen Austausch erfahren wir schnell, welche Themen sie beschäftigen und wo sie Unterstützung brauchen.

 

Ingo Müller: Genau deshalb haben wir bereits 2012 das Milkmaster-Programm aufgesetzt und es in 2020 noch einmal grundlegend überarbeitet. Damit fördern wir die Arbeit der Landwirte in Sachen Tierwohl, Biodiversität und Klimaschutz ganz konkret mit Maßnahmen wie dem kostenlosen Klimacheck und natürlich mit Bonuszahlungen aufs Milchgeld. Wir wissen aber auch, dass wir noch mehr entlang der gesamten Wertschöpfungskette tun müssen. In den kommenden Jahren werden wir vor allem daran arbeiten müssen, unseren CO₂-Footprint zu reduzieren – auf den Höfen, in den Werken und in der Logistik. Nur dann werden wir den veränderten Werten in der Gesellschaft und unserer eigenen Vision des Unternehmens gerecht.

 

Vegane Produkte gelten ja als eine Möglichkeit, mehr Nachhaltigkeit und CO2-Reduktion bei Lebensmitteln zu erreichen. Was tut sich da bei DMK?

Ingo Müller: Auch hier halten wir uns an unsere Vision 2030: Wir wollen für unsere Kunden die passenden Lebensmittel liefern – und zwar ein Leben lang. Und das können wir. Mit unserem Wissen und unserer Erfahrung als Lebensmitteltechnologen können auch Produkte aus pflanzlichen Proteinen produzieren. Denn der richtige Proteinmix wird in Zukunft entscheidend für die Qualität der Produkte sein. In diesem Sinne ist Nachhaltigkeit fast dasselbe wie Wirtschaftlichkeit. Die Milch und die aus ihr produzierten Produkte ist und bleibt aber unser Kerngeschäft.

 

Frank Claassen: Das stimmt. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass auch die Milchmenge in Summe schrumpft. Wir setzen uns natürlich damit auseinander und hinterfragen uns, wie wir trotzdem zur Wertschöpfung beitragen– für die Konsumenten, aber auch für unsere Landwirte. Denn wir wollen nicht vergessen: Auch die Landwirte sind sehr an mehr Nachhaltigkeit in der Milchwirtschaft interessiert. Sie sichert quasi ihre Lebensgrundlage. Und sie setzen sich bereits ganz freiwillig dafür ein, dass die Milch, in unseren Werken angeliefert wird, in Menge weniger, dafür aber von allerhöchster Qualität sind. Genau treffen sich die Werte von Landwirten und Konsumenten wieder: Sie setzen gemeinsam auf Klasse statt Masse. Auch das gehört zur Lebensmittelproduktion der Zukunft.