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06.07.2022

Zusammenhalt stärkt

Auch in der Landwirtschaft hilft Teamwork dabei, Herausforderungen zu meistern. Hans-Theo Hoffmann freut sich in einer schwierigen Phase über die Unterstützung von Ukrainerinnen.

Familie Hoffman ging es wie vielen anderen Landwirten auch: Irgendwann fehlte es ihnen an Hilfskräften. Um die 150 Kühe und 650 Mastschweine auf ihrem Hof am Niederrhein zu versorgen, versuchten sie ihr Glück über ein Kleinanzeigen-Portal im Internet, rechneten aber kaum mit Resonanz. „Im Dezember 2018 war es dann soweit, die Ukrainerin Tatjana wurde auf uns aufmerksamt“, erzählt Landwirt HansTheo Hoffman.

Die junge Frau hatte Landwirtschaft in Zhytomyr in der Ukraine studiert und kam für ein Jahr als Praktikantin zu ihm. Sie half, wo immer sie gebraucht wurde und entlastete den Bauern erheblich.

Hoffman, der einige schwere Schicksalsschläge erlitten hatte und unter den Auflagen und Milchpreisen litt, gab das wieder Auftrieb. „Gemeinsam an einer Sache zu arbeiten, gibt einem viel mehr als allein“, sagt er. Man sei stärker, was die körperlichen Kräfte, aber auch die innere Motivation betrifft.

2019 verließ Tatjana den Hof, kehrte zurück in ihre Heimat, aber der Kontakt riss nie ab. Sie sorgte dafür, dass eine Freundin mit ihrer Mutter im März aus der Ukraine zu den Hoffmans fliehen konnte. Die Frauen kamen aus Bilyliwka, 200 Kilometer südlich von Kiew. Sie waren drei Tage lang vor dem Krieg geflüchtet, bis sie am Niederrhein ankamen. Beide sind bis heute auf dem Hof. Hoffmann erzählt mit viel Respekt von der inneren Stärke seiner Mitarbeiterinnen, die ihr Land, ihre Familien und Freunde zurücklassen mussten. „Sophiia und ihre Mutter Nastasiia sind bei uns auf dem Hof angestellt“, sagt der Landwirt.

Die 20-Jährige hat mittlerweile ihren Bachelor als Apothekerin absolviert, in zwei Jahren möchte sie den Master nachlegen. Die Mutter will mit ihrer Tochter bleiben, solange der Krieg andauert. Sie hat früher selbst Kühe gemolken und ist gerne auf dem Land. „Man merkt, dass sie Spaß an der Arbeit hat.“

Durch die Unterstützung der Frauen sei die Atmosphäre gelöster, sagt er. Sie helfen beim Melken und den vielen Stallarbeiten, die er sonst allein verrichtet. Die drei verständigen sich über ein Übersetzungsprogramm auf dem Handy. Er sei positiver und optimistischer geworden. „Ich kann meine Zeit auch damit verbringen, über den Milchpreis zu schimpfen“, sagt er, „aber es nützt nichts, ich muss zusehen, wie ich jetzt möglichst schlau wirtschafte.“ Würde die Molkerei mehr an die Landwirte auszahlen, fügt er hinzu, hätte sie weniger zum Investieren. Das würde sich negativ auf die Marge und damit wiederum auf den Auszahlungspreis auswirken.

„Ich versuche, einen Zickzackkurs zu fahren in meiner täglichen Arbeit“, sagt er. Spontan reagieren, umplanen, Prioritäten verlagern – all das gehört nun zu seinem täglichen Balanceakt. Mit der Unterstützung der ukrainischen Mitarbeiterinnen gelingt im das aber besser als zuvor.

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